Am 9. Oktober war zum erneuten Male Konzertpianist Pavlos Hatzopoulos in der Freien evangelischen Gemeinde Bösingfeld mit einem „Gesprächskonzert“ zu Gast. Lange war unklar, ob die Coronalage ein Konzert zulassen würde und ob genug Besucher den Weg ins Gemeindehaus finden würden.
Am Ende waren es über 120 Gäste, die Pavlos anlässlich des 250. Geburtstages von Beethoven mit hineinnahm in die Schönheit klassischer Musik. Es war ein überaus gelungener Abend, an dem der Pianist fachkundig und interessant Einblicke gab in die Hintergründe von Beethovens Zeit und seiner Musik.
Für mich gab es an diesem Abend nicht nur einiges zu lernen, sondern regelrecht bewegende Momente.
Bevor Pavlos zu Beethoven kam, machte er einen kurzen musikgeschichtlichen Ausflug zu J. S. Bachs C-Dur-Präludium. Selten habe ich in unseren Räumen die Kraft von Musik und ihre tiefe Ausstrahlung so empfunden, wie in diesem Augenblick. Pavlos erklärte uns, dass maßgeblich durch Bachs Einfluss die klassische Musik vom Thema der Erlösung durchzogen sei, wie sie in der Auflösung der Kadenz (typischer Akkordfolgen) zum Ausdruck komme. Für Bach hatte das einen tiefen Sinn, weil er von der Erlösung in Christus her dachte. Er hat seine Werke stets mit „zur Ehre Gottes“, also „Soli Deo gloria“ unterzeichnet. Musik, wie wir sie im Übrigen bis heute als westliche Hörer mögen (Gospel, Rock & Pop), arbeitet genau mit diesem Stilmittel. Ein Grund dafür, warum wir tröstende Noten selbst in säkularen Liedern finden können. Der tiefe Glaube Bachs wurde zur Grundlage der mitteleuropäischen Kultur. Auch wenn die geistlichen Texte inzwischen fehlen, das prägend Christliche wirkt bis heute nach, und keine andere Kultur oder Religion hat eine solche Hoffnung ausstrahlende Musik hervorgebracht.
Im Mittelpunkt des Vortrages standen der 1. Satz der Klaviersonate c-Moll, op. 13 (Pathétique) und die Mondscheinsonate von Beethoven. Sie beschreibt einen Wendepunkt im Leben des Komponisten, da sie in der Zeit der ersten Anzeichen seiner Taubheit entstand. Wie schwer muss das für Beethoven gewesen sein?! Vor allem aber: Zu was ist ein Mensch in der Lage, wenn er einen Weg mit ganzer Passion verfolgt. Wieder so ein bewegender Moment.
Wunderbar gelang es Pavlos Hatzopoulos auch, die historischen Hintergründe und ihren Einfluss auf die Musik zu erklären. Die Mondscheinsonate, geschrieben in der Zeit der Französischen Revolution, gibt der tiefen Sehnsucht der Menschen nach Wahrheit Ausdruck. Bestimmendes Element ist der Sehnsuchtsschmerz. Fast jede Note empfindet man als Hörer wie einen Gedanken, einen inneren
Disput. Und auch der ideologische Kampf im Hintergrund wird sichtbar. Für Beethoven war das Sehnen nach Wahrheit im Glauben immer noch vorhanden, im Gegensatz zur religionskritischen Umwelt. In einer Gesellschaft ohne Gott drohe der Mensch sich selbst zum Gott zu erheben. Beethoven will in seiner Musik zeigen, dass die Haltung der Selbsterlösung im Nichts endet.
Wunderbar, dass wir diesen Abend nicht absagen mussten. Die vielen Freunde und Gäste waren begeistert und gaben viel Applaus. Wir freuen uns schon auf ein nächstes Mal. Ein Dank auch an Sigrid Adomat, die wie immer souverän durch das Programm führte und die Organisation der Veranstaltung fest im Blick hatte.
Es war ein toller Abend!
Bastian Meyer