Mit dem Herbstbeginn liegen unsere Predigtreihe „Einladend Glauben leben“ sowie das Gemeindeforum hinter uns. Aufgrund des Redaktionsschlusses für den Blickpunkt schreibe ich diese Zeilen, während wir uns noch auf der Zielgeraden der Reihe befinden und auch das Gemeindeforum noch nicht stattgefunden hat. Hinter uns als Gemeindeleitung liegt bereits ein längerer Prozess, welcher dann in der Predigtreihe mündete. Uns ist bewusst: Dieses Thema mit dem einladenden Glauben wird uns noch eine Weile beschäftigen. Denn es geht hierbei nicht um eine Aktion oder ein Programm, sondern es geht um unsere Kultur als Gemeinde, wie wir unseren Glauben leben und entsprechend unsere Prioritäten setzen. Und das ist keine Sache, die sich von jetzt auf gleich verändern lässt.

Im Laufe des Prozesses, den wir nun schon gewisse Zeit gehen, hat mich vor allem eine Sache bewegt. Sie spiegelt sich in dem oben abgedruckten Vers wider. Jesus macht uns in dem Bild des Weinstocks deutlich, dass wir getrennt von ihm überhaupt nichts erreichen können. Ohne Verbundenheit zu ihm können wir keine Frucht bringen und vertrocknen wir. Glücklicherweise ist es so, dass diese Verbundenheit nicht von unserer Leistung abhängt, sondern dass Gott uns seinen Heiligen Geist schenkt. Er ist Ausdruck seiner Liebe, denn Gott ist mit seinem Geist zu jeder Zeit und an jedem Ort mit uns und bei uns. Das nimmt uns aber nicht aus „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts erreichen.“ Johannes 15,5 der Verantwortung, in Vertrautheit und Verbundenheit mit Jesus zu leben. Ansonsten kann ich mich noch so sehr anstrengen – Frucht wird daraus nicht entstehen. Daher lautet unser Auftrag in diesem Bild: In ihm bleiben. Nicht mehr und nicht weniger – und das ist ehrlich gesagt überhaupt nicht einfach!

Mehr als 13 Jahre Christsein hat es bei mir gebraucht, um dieses Prinzip einigermaßen in der Tiefe zu verstehen. Jesus stellt klar: Er wünscht sich ein tiefes Miteinander mit mir, welches von tiefer Vertrautheit und Verbundenheit geprägt ist. So wie ich es mit einem guten Freund oder meiner Ehefrau pflege. Beim Miteinander mit meinen Mitmenschen ist mir längst bewusst, dass eine regelmäßig gepflegte Freundschaft oder Beziehung ungemein wertvoll ist und dass dies nicht von alleine geschieht. Sondern ich investiere mich in diese Beziehungen. Das tue ich nicht, um irgendwelche Ziele damit zu erreichen. Sondern weil es mir um meinen Mitmenschen geht und mir mein Gegenüber wichtig ist. Mein Mitmensch ist mir das wert. Das ist die Grundlage von echter Freundschaft und Beziehung – das ist Vertrautheit!

Aber bei Jesus lebe ich es oft anders. Ich gebe mich damit zufrieden, viel über ihn durch sein Wort in Erfahrung zu bringen und ihn regelmäßig um etwas zu bitten. Ich tue Dinge für ihn und danke ihm auch oft für das, was er mir schenkt. Aber einfach mal so Zeit mit ihm verbringen und Gemeinschaft pflegen? Das ist eher selten der Fall. Meist habe ich ein konkretes Anliegen im Kopf, wenn ich mir Zeit mit Jesus nehme. Und das ist ja auch gar nicht verkehrt, schließlich interessiert sich niemand mehr für meine Anliegen als Jesus. Aber entsteht so ein tief vertrautes Miteinander? Bin ich so zumindest ein klein wenig in den Fußstapfen von Mose und Abraham, die beide als Freunde Gottes bezeichnet werden, unterwegs? Ich fürchte nein.

So war der zurückliegende Sommer für mich doch sehr augenöffnend. Bei einer Zeit der Einkehrtage habe ich persönlich erleben dürfen, wie sehr sich Gott darüber freut, wenn ich mir einfach mal ungestört und unverzweckt Zeit mit ihm nehme – ohne irgendwelche Listen abzuarbeiten oder sonst etwas zu erledigen. Sondern indem ich Spaziergänge mache und mit ihm rede. Indem ich mit ihm gemeinsam Dinge reflektiere. Indem ich ihm eine gute Nacht und einen guten Morgen wünsche. Und auch, indem ich einfach mal geschwiegen und die Zeit mit ihm genossen habe. Das war gelebte Vertrautheit. So in etwa stelle ich mir das mit dem „Bleiben“ vor, wie Jesus das gemeint hat. Natürlich kann man nicht zu jeder Zeit eine Einkehrzeit machen. Es geht vielmehr um das Prinzip der Vertrautheit und dass ich – auch mitten im Alltag und umgeben von meinen Mitmenschen – in Verbundenheit mit Jesus lebe und dass es mir dabei um das Miteinander mit ihm geht. Er ist durch seinen Geist ja sowieso immer da. Er ist immer bereit. Die Frage ist: Wann und wie oft bin ich es?

Dieses Pflegen der Vertrautheit mit Jesus im Alltag erlebe ich als echte Herausforderung. Die Verpflichtungen und Aufgaben nehmen mich schnell ein. Regelmäßige Zeiten der Zweisamkeit, wie zum Beispiel beim Wandern alleine und mit dem Handy im Flugmodus, helfen mir, um diese Verbundenheit mit Jesus immer wieder neu aufzufrischen. Ich habe es (bisher) noch nie bereut, wenn ich mir so eine Zeit mit Jesus genommen habe. Dennoch ist dieser Wert der Vertrautheit mit Jesus immer wieder umkämpft. Schließlich entspricht er auch nicht unserer deutschen Kultur, die eher von Leistung, Produktivität und Ergebnissen geprägt ist. Aber Jesus legt einen großen Wert auf diese Vertrautheit. Schließlich ist es unser Auftrag, in ihm zu bleiben.

Ich möchte mich bei aller Herausforderung weiter daran versuchen, diesen Wert zu pflegen und mit Leben zu füllen. Wenn es mir das wert ist, werde ich dafür Wege finden. Und oft genug tue ich mich dabei schwer. Was für ein Trost, dass Jesus mich aber nie abweist, sondern der wirklich allerbeste Freund ist, der mir immer liebevoll begegnet. Er ist es letztlich, der mir immer wieder neu Mut und Perspektive schenkt, um hierbei dranzubleiben. Denn Gott ist einfach großartig! Deshalb will ich auch weiterhin versuchen, ein vertrautes Miteinander mit Jesus zu pflegen. Und ich möchte dich zum Ende fragen: Willst du das auch? Und wie kann dieser Wert in deinem Leben gepflegt werden? In diesem Sinne wünsche ich euch einen gesegneten Herbst, in welchem ihr den Segen der tiefen Vertrautheit mit Jesus erleben und entdecken könnt!

Matthias Lederich