Ich mag es im Frühling zu sehen, wie alles wieder zu neuem Leben erwacht und die Natur förmlich explodiert. Oft werden wir überrascht von der Lebenskraft, die aus kahlen Bäumen und Wäldern strahlende Orte macht, die voll sind mit Knospen, frischem Grün und einer lebendigen Geschäftigkeit der darin lebenden Tiere. Mir geht es manchmal so, dass, wenn der Stress des Alltags mir wenig Zeit und Muße lässt, die Natur genauer zu beobachten, ich den Moment verpasse, in dem das Leben sich Bahn bricht. Dabei steckt diese Lebenskraft in der Schöpfung und arbeitet im Verborgenen, bis die Zeit gekommen ist, sich zu entfalten. So ist es auch im geistlichen Leben. Im Alltagsstress, in unseren Sorgen, in unserer Schwachheit oder in unseren Vorstellungen, wie Dinge zu laufen haben, übersehen wir die Schönheit dessen, was im Entstehen ist. Das liegt nicht an uns, sondern, weil Gottes Kraft in seiner Gemeinde am Werk ist, auch wenn wir sie nicht sehen.
Daran erinnert Paulus die Gemeinde in Rom: Denn dafür ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden: Er sollte der Herr sein über die Toten und die Lebenden. (Römer 14,9) Die Gemeinde in Rom ist auch abgelenkt. Sie sind abgelenkt durch Auseinandersetzungen, welche Feiertage wichtig sind und welches Essen rein oder unrein ist. Darin entzweien sie sich, weil sie ihre jeweilige Meinung und Prägung für die Wichtigste halten. Bevor Paulus ihnen Lösungen aufzeigt und sie ermahnt, sich anders zu verhalten, weist er sie auf das Zentrum ihres Glaubens hin. Er ermahnt sie, auf das Wichtige zu sehen. Jeder von uns, die zu Jesus gehören, ist abhängig von IHM und SEINER Lebenskraft. Als Gemeinde leben wir nicht aus unserer Kraft und aus unseren Möglichkeiten, denn als Christen zu leben bedeutet, in Jesus, aus Jesus und für Jesus zu leben. Paulus spitzt es in den Versen zuvor sogar noch zu, dass wir und auch die Gemeinde nicht mehr uns gehören, sondern Jesus unserem Herrn.
Jesus ist der Herr! Das ist eines der ersten Bekenntnisse der Christenheit. Jesus ist der Herr im Leben und im Sterben. Er und seine Worte bestimmen das Leben seiner Nachfolger und damit auch unser Leben. Das war die Entscheidung, die wir getroffen haben, als wir uns bekehrt haben. Wir wollten nicht mehr nach unseren Maßstäben leben, sondern nach seinen. Wir wollten nicht durch unser Tun gerecht werden, sondern durch das, was er am Kreuz und durch die Auferstehung getan hat. Damit überlassen wir ihm die Führung unseres Lebens. In seinem Wort gibt uns Jesus in den wichtigsten Fragen eine gute Richtung vor. Dort, wo wir zu ihm und seinem Weg JA sagen, beginnt er mit seiner Kraft zu wirken. Auf diese Weise entsteht in uns und um uns herum Leben, das uns überrascht, wenn es an die Oberfläche kommt. Wenn wir uns aber von Nebensächlichkeiten ablenken lassen, uns nur auf unsere Unterschiede konzentrieren, auf unserer Meinung beharren oder nur uns im Fokus haben, dann vergessen wir, was wichtig ist. Wenn Paulus also die Römer einige Verse nachher zur Einheit ruft, dann aus dem Grund, dass Jesus ihr Herr ist. Er ist der Herr, der sein Leben für sie gegeben hat, damit in ihnen neues Leben entstehen kann. So möchte ich auch uns dazu ermutigen, immer wieder auf Jesus zu schauen und uns auf ihn als unser Zentrum zu fokussieren, damit er mit seiner Lebenskraft durch uns wirkt. Wir sind unterschiedlich, und das macht die Schönheit der Gemeinde aus, weil wir in unserer Unterschiedlichkeit vereint sind unter unserem Herrn Jesus. Wenn wir uns auf Jesus fokussieren, können wir die Schönheit entdecken, die er in unserer Mitte entstehen lässt, obwohl um uns herum vielleicht (noch?) nur wenig davon zu sehen ist.
Johann Schick